Bio-Produkte & Bio-Siegel – darauf ist zu achten
Biomilch, Biobaumwolle, Biokosmetik – biozertifizierte Produkte sind voll im Trend undversprechen einen gesünderen, verantwortungsvolleren Lifestyle. Doch ist Bio-Siegel gleich Bio-Siegel? Was genau versteckt sich hinter den vielen Bio-Zertifizierungen? Und sind Bio-Produkte wirklich immer besser als konventionelle?
Die bekanntesten Bio-Siegel
Öko-Produkte sind mit unterschiedlichen Siegeln versehen. In Deutschland gibt es über 100 Bio-Siegel und Öko-Labels, die damit werben, nachhaltig, umweltschonend und artgerecht zu sein. Ohne zu wissen, was genau sich hinter den Kennzeichnungen verbirgt, können diese Zertifikate jedoch schnell irreführend sein. Das sagen die bekanntesten Bio-Siegel aus:
EU-Bio-Siegel
Seit dem 1. Juli 2010 müssen alle verpackten Bio-Lebensmittel, die in der EU produziert wurden, das EU-Bio-Siegel tragen. Die Produkte erfüllen den EU-Mindeststandard, beispielsweise, dass 95 Prozent der landwirtschaftlich produzierten Zutaten aus biologischem Anbau stammen müssen. Die Hersteller werden mindestens einmal im Jahr von einer Kontrollstelle überprüft. Über einen Verpackungs-Code lässt sich die Kontrolle zurückverfolgen.
Deutsches Bio-Siegel
Seit 2001 gibt es das Deutsche Bio-Siegel, das – neben dem EU-Bio-Siegel – nach wie vor auf vielen Produkten zu finden ist. Bei den Lebensmitteln wird unter anderem auf Geschmacksverstärker, künstliche Farb- und Aromastoffe verzichtet und die Waren dürfen nicht mehr als 5 Prozent konventionell angebaute Bestandteile enthalten. Tiere dürfen nur ökologisches Futter erhalten und der Einsatz von Antibiotika ist stark begrenzt.
Bioland
Nach eigenen Angaben ist Bioland (Gründung 1971) mit über 6.800 Bio-Bauern und über 1.000 Lebensmittelherstellern der bedeutendste ökologische Anbauverband Deutschlands. Das System des Anbauverbandes basiert auf einem geschlossenen Betriebskreislauf, durch den die langfristige Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit gewährleistet sein soll. Futter- und Produktionsmittel stammen größtenteils aus dem eigenen Betrieb, erkrankte Tiere werden naturheilkundlich behandelt. Die Kriterien von Bioland gehen deutlich über die EU-Öko-Verordnung hinaus.
Demeter
Schon seit 1928 arbeitet der älteste und strengste Anbauverband Demeter nach den Kriterien einer biologisch-dynamischen Landwirtschaft des Anthroposophen Rudolf Steiner. Selbst hergestellte Präparate aus Mineralien, Mist und Heilpflanzen sollen langfristig die Bodenfruchtbarkeit garantieren. Das Demetersiegel gilt für Lebensmittel, Kleidung und Kosmetik.
Naturland
Das Naturland-Siegel steht seit 1982 für hohe Standards für die Verarbeitung und Erzeugung der Produkte – die Kriterien gehen über die EU-Öko-Verordnung für Bio-Siegel hinaus. Vom Anbau bis in den Handel unterliegen die Waren detaillierten Richtlinien. Neben Lebensmitteln kennzeichnet das Naturland-Siegel auch Textilien und Holzprodukte.
Die Siegel und ihre Auflagen im Überblick
Max. Hennen pro Gebäude
keine Beschränkung
20.000
12.000
6.000
3.000
Anzahl von erlaubten Lebensmittel-zusatzstoffen
über 300
47
22
23
13
Schweine pro Hektar
keine Beschränkung
14
10
10
10
Legehennen pro m²
10
6
6
6
4,4
Enthornung von Rindern
erlaubt ohne Betäubung
erlaubt
nicht empfohlen
zulässig im
Ausnahmefall
nicht erlaubt
Bio-Futter
keine Vorschrift
95%
100%
100%
100%
Einsatz von Gentechnik
erlaubt
bis zu 5%
nein
nein
nein
Blumige Formulierungen, die nichts bedeuten
Industrie und Hersteller wollen vor allem eines: dass ihre Ware gekauft wird. So finden sich häufig ansprechende Bilder von glücklichen Kühen auf saftigen Wiesen oder vertrauenserweckende Formulierungen auf den Verpackungen, die den Verbraucher von ländlicher Idylle träumen lassen. Doch meist hat dies wenig mit der Realität zu tun. Die folgenden Formulierungen sagen laut WWF (World Wide Fund For Nature) nichts darüber aus, ob ein Produkt tatsächlich biozertifiziert oder doch konventionell ist:
- aus umweltschonendem Anbau
- aus kontrolliertem Anbau
- aus alternativer Haltung
- aus Vertragsanbau
- aus integrierter Landwirtschaft
- von staatlich anerkannten Bauernhöfen
- unter unabhängiger Kontrolle
- ungespritzt
- ohne Spritzmittel
Bio muss nicht unbedingt besser sein
Ein klarer Vorteil von Bio-Produkten ist, dass der Umwelt chemischer Dünger und dem eigenen Körper Pestizid-Rückstände erspart bleiben. Im Rahmen einer gesunden Ernährung und Lebensweise sind Öko-Produkte daher meist die erste Wahl. Doch in Plastik eingeschweißtes Gemüse, Bio-Eier aus dem EU-Ausland oder Bio-Schweine, die auf unwürdige Weise durch ganz Europa transportiert werden, beweisen: Auch wer beim Kauf auf das Bio-Siegel achtet, erhält nicht automatisch umwelt- und tierfreundliche Qualität.
Zudem können viele kleinere, regionale Betriebe die hohen Kosten für die Bio-Zertifizierung und die jährliche Kontrolle oftmals nicht aufbringen. Doch nur weil ein Hof ohne Siegel wirtschaftet, muss das nicht heißen, dass die Tiere dort nicht artgerecht gehalten oder Pestizide verwendet werden. Am besten ist es immer, sich ein eigenes Bild zu machen.
Wer sich den Betrieb oder Bauernhof persönlich anschaut, wird schnell herausfinden, ob er ihm sein Vertrauen schenken möchte und guten Gewissens essen beziehungsweise verwenden kann, was dort produziert wird. Vertrauenswürdige Hersteller geben gern detailliert Auskunft über die Art und Weise der Produktion. Ob Apfel, T-Shirt oder Gesichtscreme – im Zweifel einfach direkt nachfragen, unter welchen Umständen das Produkt entstanden ist.